Schmerzbehandlung ist keine Einbahnstraße. Zwischen Körper, Gehirn, Verhalten und Umwelt entsteht ein komplexes System, in dem alles zusammenwirkt. Die wirksamste Therapie ist die, die Menschen befähigt, sich selbst wieder als handlungsfähig zu erleben – körperlich, emotional und sozial.
Rückenschmerzen gehören zu den häufigsten Gründen für Arzt- und Physiotherapiebesuche – und bleiben trotzdem oft ein Rätsel. Warum tut etwas weh, obwohl nichts „kaputt“ ist?
Warum helfen Übungen bei manchen, aber nicht bei anderen? Und wie beeinflussen Kopf, Körper und Kontext die Wahrnehmung von Schmerz?
Unsere Blogreihe „Schmerz verstehen – Bewegung neu denken“ bringt wissenschaftliche Erkenntnisse aus Orthopädie, Physiotherapie, Psychologie und Neurowissenschaften auf den Punkt – verständlich erklärt, mit klinischem Bezug und direktem Nutzen für Patient:innen.
Wir zeigen, warum Schmerz mehr ist als ein Signal aus dem Gewebe – und was das für Ihre Therapie bedeutet.
Chronische Rückenschmerzen verändern nicht nur den Körper, sondern auch die Art, wie das Gehirn Bewegung wahrnimmt.
→ Lesen Sie mehr über veränderte Körperwahrnehmung bei chronischen Schmerzen.
Kernaussage: Schmerz verändert Wahrnehmung – und Therapie muss deshalb auch das Gehirn „mittrainieren“.
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Lesen Sie auch: Wie eine Intervention eingebettet ist, macht den Unterschied
Ein Großteil der Rückenschmerzen bleibt unspezifisch. Was also hilft, wenn keine klare Struktur betroffen ist? Pedersen et al. zeigen: Rund die Hälfte der Verbesserung passiert auch ohne Intervention – durch natürliche Erholung oder Kontextfaktoren.
→ Wie Therapie trotzdem wirkt.
Kernaussage: Wirkung entsteht im Zusammenspiel – aus spezifischen, unspezifischen und natürlichen Effekten.
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Nicht jeder Rückenschmerz ist gleich. Bogduk beschreibt klar: Rückenschmerz, übertragener Schmerz und radikulärer Schmerz sind unterschiedliche Phänomene – mit unterschiedlichen Ursachen und Konsequenzen.
→ Was wirklich weh tut – und warum das wichtig ist.
Kernaussage: Nur wer Schmerzarten versteht, kann gezielt behandeln – und unnötige Eingriffe vermeiden.
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Lesen Sie auch: Wie wirken unsere Maßnahmen bei unspezifischen Rückenschmerzen?
Ezzatvar et al. untersuchten, wie stark sogenannte Kontexteffekte den Therapieerfolg beeinflussen.
Ergebnis: Bei vielen Behandlungen (z. B. Manualtherapie, Taping, Dry Needling) stammen über 70 % der Wirkung nicht aus der Technik selbst, sondern aus dem Behandlungskontext.
→ Wie der Rahmen der Behandlung Wirkung erzeugt.
Kernaussage: Nicht nur die Methode zählt – sondern wie, wo und von wem sie durchgeführt wird.
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Lesen Sie auch: Von Schmerz und dem Leiden – warum Schmerz mehr als Symptom ist
Schmerz und Leiden sind nicht dasselbe. Leiden beschreibt die existenzielle Bedrohung des Selbst – Schmerz ist nur ein Teil davon. Noe-Steinmüller et al. schlagen eine neue Definition des schmerzbezogenen Leidens vor.
→ Lesen Sie, warum Schmerzbehandlung mehr als Schmerzlinderung ist.
Kernaussage: Schmerzfreiheit ist wichtig – aber erst, wenn das Leiden verstanden wird, kann echte Heilung beginnen.
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Lesen Sie auch: Wer dranbleibt, bleibt – Identität als Schlüssel für Bewegung
Warum hören so viele Menschen mit den Übungen auf, obwohl sie helfen?
Gilanyi et al. zeigen: Entscheidend ist die Exercise Identity – also das Selbstverständnis, jemand zu sein, der sich bewegt.
→ Wie Identität Motivation ersetzt.
Kernaussage: Menschen bleiben aktiv, wenn Bewegung Teil ihres Selbstbildes ist – nicht nur Teil ihres Therapieplans.
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Lesen Sie auch: Altern – wenn Muskeln zu erzählen beginnen
Was braucht es, damit Patientinnen und Patienten ihr Verhalten langfristig ändern? Ein internationales Expertenteam definiert elf zentrale Kompetenzen – von Kommunikation über Eigenreflexion bis zur Förderung von Bewegungskultur.
→ Welche Fähigkeiten Bewegung verändern können.
Kernaussage: Bewegung fördern heißt, Verhalten zu verstehen – nicht nur Übungen anzuleiten.
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Lesen Sie auch: Bewegung beginnt im Kopf – und wächst durch Beziehung