Blogreihe: Schmerz verstehen – Bewegung neu denken

Artikel: Bewegung beginnt im Kopf – und wächst durch Beziehung

Dass Bewegung hilft, ist kein Geheimnis. Studien zeigen immer wieder, dass gezieltes Training Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination verbessert. Die Leitlinien des American College of Sports Medicine empfehlen mindestens zwei bis drei Trainingseinheiten pro Woche, gerne auch als Heimübungsprogramm.

Doch obwohl das vielen klar ist, bleibt die Umsetzung schwierig: Nur rund 30 % der Patient:innen halten ihre Heimübungen regelmäßig durch. Dabei ist gerade diese Adhärenz – also das konsequente Dranbleiben – einer der wichtigsten Faktoren für den Erfolg der Therapie.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat das Thema deshalb zur Priorität erklärt. Forscher:innen aus der Verhaltensökonomie – einem Feld zwischen Psychologie, Neurowissenschaften und Wirtschaft – untersuchen, warum gute Vorsätze oft scheitern. Die Gründe sind meist ganz menschlich: Man vergisst Übungen, findet im Alltag keine Zeit oder merkt die Erfolge erst spät.

Ein Forscherteam um Altinger et al. hat fünf Strategien zusammengefasst, die helfen können, Heimübungen wirklich umzusetzen:
- Make it matter – Mach’s bedeutungsvoll
- Menschen bleiben eher dran, wenn sie den persönlichen Sinn ihrer Übungen erkennen.
- Statt abstrakt über „Mobilität“ zu sprechen, hilft es, konkrete Vorteile aufzuzeigen – etwa: „Wenn Sie die Treppe wieder schmerzfrei steigen können, gewinnen Sie ein Stück Selbstständigkeit zurück.“
- Solche greifbaren Ziele wirken motivierender als Warnungen oder Drohungen.
- Be selective – Weniger ist oft mehr
- Gemeinsam mit Patient:innen sollte ein überschaubares Programm entwickelt werden.
- Studien zeigen: Wer mit wenigen Übungen startet, bleibt länger dran.
- Wichtig ist, dass Patient:innen mitentscheiden, welche Übungen sie machen – das stärkt Eigenverantwortung und Motivation.
- Plan for the future – Gewohnheiten planen
- Neue Routinen brauchen Struktur. Drei kleine Tricks helfen dabei: Planning prompts: Schon in der Praxis festlegen, wann, wo und wie die Übungen gemacht werden.
- Habit stacking: Übungen an bestehende Gewohnheiten koppeln, z. B. „Nach dem Zähneputzen trainiere ich meinen Rücken.“
- Temptation bundling: Etwas Angenehmes mit den Übungen verbinden – z. B. Lieblingsmusik hören oder eine Serie schauen.
- Solche kleinen Strategien machen aus einem guten Vorsatz eine echte Gewohnheit.
- Maintain the habit streak – Fortschritt sichtbar machen. Das Abhaken oder Markieren jeder erfolgreichen Trainingseinheit (z. B. im Kalender oder einer App) steigert die Motivation. - Dieses sogenannte Streak-Tracking belohnt nicht das Ergebnis, sondern das Dranbleiben – und fördert damit langfristige Gewohnheiten.
- Don’t let setbacks derail progress – Rückschläge gehören dazu
- Niemand ist perfekt. Eine Woche Pause oder ein vergessener Übungstag sind kein Grund aufzugeben.
- Wichtiger ist, wieder einzusteigen – z. B. zu Wochenbeginn oder nach einem Urlaub.
- Therapeut:innen sollten hier ermutigend begleiten, kleine Erfolge hervorheben und gemeinsam neue Startpunkte setzen.

Fazit

Heimübungen wirken – wenn sie konsequent umgesetzt werden.

Dabei helfen klare Planung, Motivation und Unterstützung durch das therapeutische Team.

Denn letztlich ist Bewegung nicht nur Training für den Körper, sondern auch eine Frage von Gewohnheit, Bedeutung und Beziehung.