Rückenschmerzen sind fast schon normal. Wenn man bedenkt, dass „normal“ von „Norm“ kommt – also von dem, was häufig vorkommt – dann passt das leider: Rückenschmerzen stehen seit Jahren an der Spitze der Ursachen für Krankheitslast weltweit.
Dass Bewegung hilft, steht außer Frage. Viele Patienten spüren schnell, dass gezieltes Training Schmerzen lindert, Beweglichkeit verbessert und das Wohlbefinden steigert.
Doch genauso häufig lässt die Motivation mit der Zeit wieder nach – und die Beschwerden kehren zurück.
Warum ist das so?
Eine aktuelle Studie von Gilanyi und Kolleg:innen (2024) ging dieser Frage nach.
Die Forschenden befragten Menschen mit Rückenschmerzen in Fokusgruppen und Einzelinterviews und werteten die Gespräche anschließend systematisch aus.
Das Ergebnis:
Zwei Faktoren machen den entscheidenden Unterschied, ob jemand langfristig aktiv bleibt:
Andere Faktoren – etwa Überzeugungen über die Wirksamkeit von Übungen oder der persönliche Alltag – können sowohl helfen als auch hindern, je nachdem, wie sie erlebt werden.
Kurz gesagt:
Es geht nicht nur um Übungen, sondern darum, wer man glaubt zu sein.
Die Studie zeigt: Wer Bewegung als Teil der eigenen Identität versteht, bleibt deutlich eher dabei. Das entspricht der Sozialen Identitätstheorie – sie besagt, dass Menschen sich an den Verhaltensstandards orientieren, die zu ihrer Identität passen. Wenn Bewegung „zu mir gehört“, wird sie nicht mehr als Pflicht erlebt, sondern als etwas, das sich richtig anfühlt.
Ein paar Gedankenanstöße, die Patient:innen helfen können, dieses Selbstbild zu entwickeln: * „Ausreichend Bewegung passt zu der Art, wie ich leben möchte.“ * „Ich sehe mich als jemanden, der regelmäßig trainiert.“ * „Ich bin eine Person, die sich aktiv um ihre Gesundheit kümmert.“
Solche Aussagen stammen aus einem wissenschaftlichen Fragebogen zur Exercise Identity – und sie könnten auch in der Praxis ein wertvolles Werkzeug sein, um gemeinsam mit Patient:innen neue Perspektiven auf Bewegung zu entwickeln.
Rückenschmerzen sind häufig – aber kein Schicksal.
Entscheidend ist nicht nur, was wir tun, sondern wer wir glauben zu sein, wenn wir es tun.
Bewegung funktioniert langfristig dann, wenn sie Teil unserer Identität wird.